Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit: Digitale Helfer einsetzen!

In Deutschland besteht die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung – auch für Kita-Personal. Es ist gut, den Überblick über die geleisteten Stunden zu behalten. Doch wie geht das einfach, schnell und verlässlich?

Drei bunte Wecker stehen hintereinander
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Führt Ihr Kita-Team eine „Überstundentabelle“ in Papierform, um die Dienststunden im Blick zu behalten? Das nicht mehr zulässig. Denn Arbeitgeber müssen die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten nun lückenlos und möglichst exakt erfassen! Nur die Überstunden zu notieren, die dann nach und nach „abgefeiert“ werden, ist definitiv nicht ausreichend.

Deshalb erfahren Sie in diesem Beitrag, a) welche Methoden der Zeiterfassung in Kitas praktikabel sind, b) welche Rolle der Datenschutz und der Betriebsrat spielen und c) welche positiven Effekte die Pflicht zur Arbeitszeitdokumentation bereithält. 

 

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: sofort, auch für Kitas

Für die Einrichtungen wirkt das aktuelle Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Herbst wie ein Weckruf:

Alle Arbeitgeber in Deutschland haben unmittelbar die Pflicht, ein verlässliches System zur vollständigen Arbeitszeiterfassung einzuführen. 

Damit wurde der § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG bekräftigt und gilt umgehend ohne Übergangsfrist - auch für die Kita! Jetzt sind alle Kita-Träger gefordert, dem Personal die genaue Zeiterfassung ihrer geleisteten Dienstzeiten zu ermöglichen.

Das heißt konkret, Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie Pausenzeiten müssen dokumentiert werden. Daraus errechnet sich die Dauer der Arbeitszeit und ggf. Überstunden. Aber wie soll das gehen? Sollen in den Kitas jetzt Stechuhren aufgebaut werden? Nicht zwingend, denn es gibt moderne Alternativen.

 

Wie kann die Arbeitszeit erfasst werden?

Vorab: Der Kita-Träger kann die Arbeitszeitdokumentation an die Mitarbeiter:innen in den Einrichtungen delegieren. In der Praxis wird dies häufig so umgesetzt – und doch muss er als Dienstgeber dafür sorgen, dass das Erfassungssystem für die Beteiligten praktikabel ist. Da liegt oft der Hase im Pfeffer, denn es ist eine Herausforderung, die Personalzeiterfassung möglichst alltagsintegriert zu organisieren.

Grundsätzlich sind sowohl analoge als auch digitale Methoden der Zeiterfassung zulässig. In jedem Fall ist es wichtig, Datenschutz und Sicherheit zu gewährleisten. Deshalb gilt es, näher hinzusehen und abzuwägen, welche Möglichkeit am besten passt. Hier finden Sie einige Gedanken zu den jeweiligen Vor- und Nachteilen bezüglich Handhabung, Datenschutz und Aufwand. 

 

> Papierliste: Stundenzettel

Jede Kita-Fachkraft notiert handschriftlich Arbeitsbeginn und -ende sowie Pausenzeiten. Sie trägt die Zeiten in eine Papierliste ein und summiert diese regelmäßig, um den Überblick über ihre geleisteten Stunden zu behalten. Achtung: Wie gesagt genügt es nicht, lediglich die Mehr- oder Minderstunden zu dokumentieren.

  • Vorteile: Die Benutzung ist einfach, man benötigt nur einen dokumentenechten Stift und ein Blatt Papier – und jeden Tag ein bisschen Zeit.
  • Nachteile: Die händische Erfassung ist fehleranfällig, nicht nachhaltig – und kann schnell mal vergessen werden. Dann müssen die Zeiten nachgetragen werden, was hohen Zeitaufwand verursacht. Auch die Auswertung ist aufwändig und anfällig für Rechenfehler. Außerdem stellt sich die Frage der Aufbewahrung – im Sammelordner des Teams ist der erforderliche Datenschutz nicht gewährleistet.

 

> Digitale Listen: Excel-Tabellenblatt

Eine in Büros gängige Methode ist die Erfassung der abgeleisteten Stunden per Excel-Tabelle. Am PC trägt die Fachkraft ein, wann sie ihre Tätigkeit aufnimmt und wann sie pausiert. 

  • Vorteile: Die Bedienung ist relativ einfach, die Auswertung geht schnell – wenn entsprechende Formeln korrekt in den Zellen hinterlegt werden. Innerhalb der Office-Software fallen keine Extrakosten an. Mit einem persönlichen Passwort ist der Blattschutz einfach umsetzbar.
  • Nachteile: Die berufliche Routine eine:r Erzieher:in im Gruppendienst findet oft weitab von PC oder Laptop statt, sodass diese Methode aufgesetzt wirken kann. Zudem passieren leicht menschliche Fehler bei der Dateneingabe – und die Eintragungen können sehr einfach und kaum nachvollziehbar verändert werden.

 

> Digitale Hardware: Stempeluhr

Jede:r Mitarbeitende führt einen Chip mit. Am stationären Terminal, z.B. an der Eingangstür der Kita, checkt die Fachkraft ein. Die Zeit läuft los, beim Check-Out wird sie gestoppt. Vielleicht kann die digitale Stempeluhr auch per Karte, Smartphone oder sogar per Fingerabdruck aktiviert werden.

  • Vorteile: Die Bedienung ist einfach und sicher, Anwesenheitszeiten werden automatisch aufgezeichnet und summiert.
  • Nachteile: Es ist i.d.R. ein weiteres Medium nötig, das angeschafft und stets mitgeführt werden muss. Neben den Anschaffungs- oder Leasingkosten sind möglicherweise auch jene für Wartung und Reparatur vergleichsweise hoch.

 

> Digitales Tool: Arbeitszeiterfassungs-App

Per App auf dem Smartphone oder Tablet loggt sich die Fachkraft zu Beginn der Dienstzeit ein, in der Mittagspause und zu Dienstschluss loggt sie sich aus. Der Zeitraum der Aktivität wird aufgezeichnet, ausgewertet und übersichtlich dargestellt.

  • Vorteile: Die Zeiterfassungs-App ist weniger fehleranfällig als Stundenzettel und Excel-Tabelle. Die Daten werden direkt ausgewertet und die Zugangskontrolle ist passwortgeschützt.
  • Nachteile: Möglicherweise fallen Kosten für die App bzw. SaaS an, die je nach Funktionsspektrum und Mitarbeiteranzahl variieren können. Das Aufrufen des Tools und Einloggen muss in die tägliche Routine zum Dienstantritt und -ende integriert werden.  Nicht alle handelsüblichen Apps sind geeignet für die spezifischen Belange von Kitas - denn sie werden branchenunabhängig konzipiert, um von der Außendienstmitarbeiterin bis zum Zahnarzthelfer möglichst "alle Fälle" abzubilden. 

 

> Kita-App mit integrierter Zeiterfassungs-Funktion

Die Kita-App, mit der die Fachkraft tagtäglich in ihren Arbeitstag startet, enthält eine Zeiterfassungs-Funktion. Mit einem Fingerstreich aktiviert sie die Uhr - die Arbeitszeit wird erfasst. Sie geht in die Pause oder macht Feierabend? Ein weiterer Fingerstreich. Die Auswertung erfolgt "im Hintergrund", die geleisteten Stunden kann sie jederzeit einsehen - für einen guten Überblick. 

  • Vorteile: Die Nutzung der Kita-App erfolgt alltgsintegriert in die morgendliche Routine. Es ist kein weiteres Medium nötig (kein Chip, keine gesonderte App) - eine kostengünstige Lösung. Da jede:r Mitarbeitende ein persönliches, pin-geschütztes Profil besitzt, ist die Datensicherheit gewährleistet. Die Summierung der Dienstzeiten erfolgt automatisch und übersichtlich, sodass keine Rechenfehler passieren. 
  • Nachteile: Anfänglich muss sich die Fachkraft den Fingerstreich zu Dienstantritt und -ende angewöhnen, notfalls Arbeitszeiten im Nachhinein korrigieren. Die Funktion steht als Zusatzmodul ggf. nicht kostenlos zur Verfügung. 

 

Was gibt es sonst noch zu beachten?

Ganz gleich, für welche Methode Sie sich in Ihrer Einrichtung entscheiden: Die Arbeitszeiterfassung einzelner Mitarbeiter:innen zählt zu den personenbezogenen Daten, die besonders schützenswert sind. Deshalb ist unabdingbar, auf Prinzipien des Datenschutzes zu achten.  Was bedeutet das? 

 

  • Der Zugang zum Zeiterfassungssystem muss geschützt erfolgen (z.B. persönliches Passwort).
  • Unbefugte dürfen keine Chance haben, die Daten zu lesen, zu kopieren, zu bearbeiten oder gar zu entfernen.
  • Wenn Angaben verändert werden, muss dies nachvollziehbar sein.
  • Die Daten zur Arbeitszeiterfassung müssen verfügbar bleiben (i.d.R. zwei Jahre lang). 
  • Die erfassten Daten dürfen nicht für andere Zwecke verwendet werden (z.B. zur Leistungskontrolle oder Überwachung der Beschäftigten).

Bei der konkreten Ausgestaltung der Zeiterfassung hat der Betriebsrat bzw. die Mitarbeitervertretung ein Mitbestimmungsrecht. Dies betrifft nicht die Frage, "ob" ein System eingeführt wird, sondern "wie" dieses gestaltet sein soll - welche Methode also für die jeweilige Einrichtung die geeignetste ist. Dazu können unterschiedliche Kriterien herangezogen werden (s.o.). 

 

Vorteile für Kita-Personal und Träger

Noch ein Wort zum Effekt der Arbeitszeiterfassungspflicht: Es hat durchaus positive Seiten, die geleisteten Dienste zu dokumentieren! Sehen Sie dies keinesfalls als "Schikane" oder Zusatzaufgabe an, sondern betrachten Sie es unter dem Aspekt des Arbeitnehmer-Schutzes

Häufig werden Personalausfälle in der Kita laut ERiK-Studie1 durch Überstunden oder ein Aufstocken der Arbeitszeit einzelner Kita-Fachkräfte kompensiert. Flexibler Personaleinsatz ist also gang und gäbe im Feld. Und dann kommt es schon mal vor, dass die ein oder andere Dienststunde "hinten runterfällt", oder? 

Deshalb sieht auch die GEW2 die Vorteile und bezieht Stellung: „Das ist eine gute Nachricht für Arbeitnehmer:innen: Überstunden, Überlastung und Überforderung können mit einer verlässlichen Arbeitszeiterfassung eingedämmt werden. Überlange Arbeitszeiten, zu wenig Pausen und Ruhephasen sind gesundheitsschädlich." 

 

Die Vorteile liegen also auf der Hand: 

  • Der Arbeitgeber schützt seine Beschäftigten vor überlangen Arbeitszeiten oder fehlenden Ruhezeiten.
  • Regelungen über festgelegte Arbeitszeiten werden tatsächlich eingehalten.
  • Falls nicht, zeigt die Arbeitszeiterfassung, wann aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers Handlungsbedarf entsteht. 
  • Mitarbeiter:innen können jederzeit selbst den Überblick behalten und müssen nicht überlegen, ob sie bspw. eine Überstunde notieren sollen. 

Tipp: Falls Sie in Ihrer Kita noch keine Zeiterfassungsmethode anwenden, fragen Sie unter diesen Prämissen gerne bei ihren Vorgesetzten nach! 

 

Fazit

Die Pflicht zur vollständigen Erfassung der Arbeitszeit gilt bereits heute - deshalb ist es wichtig, schnell gute Entscheidungen herbeizuführen! Allen voran muss die Zeiterfassung praktikabel sein, um im bunten Kita-Alltag nicht unnötig Aufwand zu verursachen. Dabei sind analoge Möglichkeiten denkbar - doch digitale Tools sind wohl zeitgemäßer und effektiver. Welche Methode ist die richtige für Sie? 

Achtung: Die beschriebenen Inhalte stellen keine Rechtsberatung dar. Es werden lediglich Hinweise und Tipps angeführt, die als Impulse zu verstehen sind. Die Autorin stützt ihre Empfehlungen auf Literatur- und Internetrecherchen (s.u.) sowie Erfahrungen. Trotz großer Sorgfalt können inhaltliche Fehler oder Unvollständigkeiten nicht ausgeschlossen werden. Für die Nutzung dieses Informationsangebots wird keine Haftung übernommen.

Quellen: 

1) GEW – Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (2022). Erfassung ja – Stechuhr nein! 

2) Klinkhammer N.,  Schacht D., Meiner-Teubner C., Kuger S., Kalicki B. & Riedel B. (2021). ERiK Forschungsbericht II. Befunde des indikatorengestützten Monitorings zum KiQuTG.