FAS - Wenn Alkohol ein Baby beeinträchtigt Teil 1

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Gesundheit
FAS - Wenn Alkohol ein Baby beeinträchtigt Teil 1 Lesezeit Icon Min Minuten Lesezeit

„Ach, das eine Sektchen wird schon nicht schaden.“

Katharina rastet aus. Das kommt leider oft vor.  Sie hat nach eigener Aussage rote Männchen im Kopf, die wütend werden und toben. Kleine und Große. Mal weniger heftig und mal immens. Wenn sie toben, will sie, dass das aufhört und wird auch böse. So böse, dass sie schreit, flucht, haut und böse mit ihren Eltern und Geschwistern wird. Nach außen wirkt Katharina ganz normal, ein höfliches, freundliches Mädchen – der Sturm tobt in ihr, denn da ist leider nichts normal.

Katharina hat FAS. Das Fetale Alkohol Syndrom tritt dann auf, wenn Alkohol in der Schwangerschaft konsumiert wird und die feinen Entwicklungsprozesse des Fötus stört. FAS sieht man oft nicht auf den ersten Blick. Häufig wird es mit ADS oder ADHS verwechselt oder geht damit einher.

Die Symptome sind vielfältig: Konzentrationsschwäche, Bindungsstörungen, Lernschwäche, Hyperaktivität oder Impulsivität, Depressionen, Probleme mit dem Sehen oder Hören und häufig ein geringer IQ. Neben den geistigen Einschränkungen weist ein stark ausgeprägtes FAS auch äußerliche Merkmale auf: Wachstumsverzögerung, eine dünne Oberlippe mit flacher Mittelrinne zwischen Nase und Mund, ein weiter Augenabstand und tiefsitzende Ohren, ein geringes Gewicht, weil Nahrung häufig nicht aufgenommen werden kann und je nach Schwere auch Herz- oder Nierenschäden.

Zum ersten Mal in Berührung komme ich mit FAS durch Jenny. Jenny und ihr Mann Jens haben gemeinsam drei Pflegekinder, um die sie sich liebevoll kümmern. Katharina kommt als Baby zu Jens und Jenny. Zunächst ist die Kleine unauffällig. Nach ein paar Monaten fängt sie allerdings an im Schlaf zu Erbrechen. Der Stuhl stinkt und die Kleine schwitzt immens. Alle Untersuchungen sind ohne Ergebnis. Jenny hat ein schlechtes Bauchgefühl und findet, dass die Kleine sich immer komischer entwickelt.

"Dann bin ich eben tot!"

Sie ist wird immer impulsiver, kennt keine Grenzen und vor allem keine Schmerzen. Sie verletzt sich und merkt es nicht. Sie reizt Gefahren aus und geht über Grenzen. Erst eine Heilpraktikerin findet raus, dass die Kleine in der Schwangerschaft ihrer Mutter mit Alkohol in Berührung gekommen sein muss. All die Symptome sprechen für ein Entgiften von Leber und Niere. Jenny kommt ins Grübeln. Die Kleine wird behandelt, die Symptome bessern sich. Immer wieder kommt es aber zu Situationen, in denen Katharina nicht Herr ihrer Sinne ist. Schon mit 4 Jahren spricht sie zum ersten Mal davon sterben zu wollen. Sie erklärt ihren Eltern, dass sie in den Ausgleichsweiher des Stausees springt und dann mit ihrer Puppe tot ist. Was für manche kindhaftes Gerede ist, wird für Jenny und Jens zum Alltag. Depressive Phasen ziehen sich durch das junge Leben und keiner kann helfen.

Jenny und Jens bekommen ein weiteres Pflegekind, Leon.

Da bei diesem Kind Alkoholkonsum in der Schwangerschaft bekannt ist, muss Jenny regelmäßig mit ihm ihn die FAS-Klinik nach Walstedde. Ein Glücksfall für Katharina, wie sich zeigen wird. Leon  ist unauffällig, bei einem seiner Termine spricht Jenny mit dem Arzt allerdings über Katharina. Der Arzt bekommt große Augen, lässt Jenny einen Fragebogen ausfüllen und bittet sie mit Katharina zu kommen.

Jenny ist skeptisch – sie weiß nicht, ob die Mutter Alkohol in der Schwangerschaft konsumiert hat. Der Arzt erklärt, dass ein Glas reicht. Nur völlige Abstinenz schützt das Ungeborene vor FAS. Etwa 43% der Babys von alkoholtrinkenden Frauen kommt mit FAS zur Welt. Keine genetische, sondern eine vollkommen vermeidbare Fehlbildung. Jenny macht einen Termin für Katharina und fährt in wenigen Wochen mit ihr nach Walstedde. 

In Teil 2 geht es weiter, den findest du hier.