Ertrinken. Im Alltag.
Über das Leben mit Kindern in den ersten Jahren.
Meine Freundin Jenny ist mit ihrem ersten Sohn schwanger. Wir sitzen bei einer Tasse Kaffee in meinem Chaos, zuhause am Tisch und versuchen uns zu unterhalten.
Sie fragt mich, wie die ersten Jahre mit Kindern so sind. Wie ertrinken, schießt es mir durch den Kopf. Unerwartetes Ertrinken. In einem wunderschönen See.
Da ich ein sehr direkter Mensch bin, sage ich ihr das auch genau so:
„Stell dir vor, du stehst an einem Gewässer. Einem echt schönen See, dem Meer, irgendeinem Ort, von dem dir schon viele Freunde berichtet haben. Den du dir immer schon gewünscht hast zu sehen. Das Wasser sieht so einladend aus, dass du reinspringst. Du merkst direkt: HUIHUIHUI Das ist aber kalt. Dann kommt ein Sog, der dich immer wieder unter die Oberfläche zieht. Freunde, Familie, dein Partner – alle helfen dir immer wieder kurz an die Oberfläche, aber eben zu kurz um sich zu erholen. Du bist kurz vor dem Ertrinken. Mit der Zeit lässt der Sog nach, es gelingt dir wieder an die Oberfläche zu kommen und zu Atmen. Du kommst wieder zu Kräften, schwimmst ans Ufer zurück, blickst wieder auf diesen wunderschönen Gewässer und genießt die Aussicht. DAS sind die ersten 2,5 Jahre mit Kind, würde ich sagen.“
Mein Exmann hat mal zu mir gesagt „Wenn wir doch nur gewusst hätten, dass es so kommt - und so schnell besser wird - es hätte uns geholfen!“ und er hat so recht. Es ist heftig. Es ist anders. Aber am Ende ist der Ausblick wunderschön, auch, wenn es sich zeitweise wie ertrinken anfühlt.
Meine Freundin nippt an ihrem Kaffee und lacht mich an. „Vor allem scheint man das Ertrinken schnell wieder zu vergessen, wenn man bedenkt, dass du gleich drei mal ins Meer gesprungen bist.“
Recht hat sie. Und der Ausblick entschädigt für alles.
Wir Eltern schaffen das - und dann genießen wir gemeinsam den Blick auf unsere coolen Kinder.