„Blond, zwei Zöpfe, buntes Kleid!“

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Gesundheit
„Blond, zwei Zöpfe, buntes Kleid!“ Lesezeit Icon Min Minuten Lesezeit

Wenn das eigene Kind gesucht wird.

Wir leben an einem Stausee. An einem Ende ist das Vorbecken, um das ein Gehweg führt. Ein beliebtes Ausflugsziel und eine wrklich schöne Runde, die von Spielgeräte, Cafés und einem Restaurant eingesäumt wird.

Wir laufen die Runde mit unseren beiden Kleinen. Das Highlight ist immer ein ganz bestimmtes Spielgerät in der Nähe des Parkplatzes. Unsere Mtitlere fragt, als es in Sichtweite kommt, ob sie vorrennen darf. Darf sie. Als wir etwa 2 Minuten nach ihr dort ankommen, fehlt von ihr jede Spur. Aus anfänglichem, entspanntem Suchen wird genervtes Suches. Aus genervtem Suchen irgendwann Panik. Mein Mann und ich kriechen in jedes Spielgerät, drehen alle Grashalme um und rennen auch durch das angrenzende Restaurant. Von der Mittleren keine Spur.


„Sie war gerade noch da!“ links der See, rechts die Straße. Hunderte Menschen, die spazieren.
Zwei arabische Herren kommen sofort zu uns:“ Wie sieht sie aus, wo hast du sie zuletzt gesehen? Wir helfen!“ Immer mehr schließen sich an.

„Blond, zwei Zöpfe, buntes Kleid!“ wir hören, wie alle Passanten, wie ein Mantra diesen Satz sagen und immer wieder ihren Namen rufen.
Ich gehe zum Wasser, suche nach ihrem bunten Kleid und hoffe so sehr es zu finden - aber nicht hier. Mein Mann wird immer verzweifelter. Immer mehr Menschen suchen, rufen und helfen uns. Aber das bunte Kleid taucht nicht auf.
Ich habe immer wieder den See im Kopf und kranke Menschen, die Kinder mitnehmen.

Nach 13 undenkbar ewigen Minuten hat mein Mann sie an der Hand. Sie saß in einem Restaurant, vor einem Fernseher, der etwas versteckt liegt. Hat unsere Rufe nicht gehört, als wir durch dieses Restaurant gerannt sind.
Sie ist gesund. Sie ist bei uns.
Fremde Menschen sehen, wie ich sie in die Arme schließe und alle Dämme brechen. Ich hab selten so geweint. Und sie weint, weil sie gar nicht weiß, was passiert ist. Und die liebe ältere Dame weint, die uns geholfen hat - vor Erleichterung.
Und die Helfer kommen zusammen, lächeln und freuen sich von Herzen mit uns, dass unser bunter Sonnenschein wieder da ist. Die arabischen Herren kommen und sind sichtlich gerührt. Sie erklären uns, dass doch niemand was mit dem Namen anfangen kann, dass man beschreiben muss, was jeder erkennen kann. Blond, zwei Zöpfe, buntes Kleid. Und sie haben so Recht. Ich bin unfassbar dankbar, gerührt von so viel Herzlichkeit. Und fix und fertig. Eine solche Angst habe ich noch nie empfunden.

Ich denke an die Menschen, die das Glück ihr Kind wieder in den Armen zu halten nicht haben.

Mit Kindern ist es lauter. Unruhiger.
Aber auch viel bunter. Wie ihr Kleid.